Der Angriff eines israelischen Spezialkommandos auf den Gaza-Konvoi, der Hilfsgüter in den von Israel blockierten Gazastreifen liefern wollte, hat weltweit Bestürzung ausgelöst. Unfassbar groß scheint hier die Kluft zwischen Anlass und Wahl der Mittel zu sein: Schließlich handelte es sich bei den Schiffen, die teilweise unter türkischer Flagge unterwegs waren, nicht um die Vehikel irgendwelcher Aggressoren. Und selbst wenn von den Besatzungen des Gaza-Konvoi Provokationen ausgegangen sein sollten, so ist doch zweifelsohne der Einsatz von Schusswaffen mit mindestens 9 Toten in der Folge vollkommen unangemessen. Dennoch beharrt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu darauf, dass die Elite-Soldaten in Notwehr gehandelt hätten. Erstaunlich, mit welcher Sicherheit der israelische Regierungs-Chef dies behauptet, hatte er doch zu diesem Vorfall eine recht große räumliche Distanz: Zum Zeitpunkt des Einsatzes war er in den USA. Wenn es sich denn tatsächlich um Notwehr gehandelt hätte, dann kann Benjamin Netanjahu wohl kaum in die Geschehnisse eingeweiht gewesen sein; folglich kann der Ministerpräsident nicht völlig sicher sein, dass den Soldaten keine andere Möglichkeit blieb, als zu schießen.
Zur Untermauerung des Notwehrarguments hat die israelische Armee heute ein Video online gestellt, dass die Offensive der Aktivisten beweisen soll. Zwar ist in diesem tatsächlich zu sehen, wie die Elitekämpfer mit Eisenstangen oder ähnlichem angegriffen werden. Als Rechtfertigung für diese Bilanz an Toten scheint das Video allerdings doch zu dünn. Zudem bricht der Videoausschnitt dort ab, wo es hart auf hart kam: Schießende Soldaten sind nicht zu sehen. Wie und weshalb es überhaupt zur Attacke auf den Gaza-Konvoi gekommen ist, bleibt unklar.
